Das Anfangsstadium der Realisierung einer Idee besteht natürlich im Zeichnen eines provisorischen Schaltplans und der Berechnung einzelner Bauelemente. Bereits in dieser Phase wird auch ein erster Entwurf des Frontplattenlayouts erstellt und festgelegt, welche Breite das Modul benötigt, da ein kabelloser und daher funktionssicherer Aufbau eines unserer obersten Prinzipien ist.
Auf eventuell freien Stellen der Frontplatte werden meist zusätzliche CV-Eingänge platziert, welchen, je nach Platzbedarf, auch ein Abschwächer zugeordnet wird.
Ein erster Versuchsaufbau von der Schaltung wird mittels Lochrasterplatine und „Freiluftverdrahtung“ erstellt. Wobei es zumeist erforderlich ist, die zuvor berechneten Werte einiger Bauelemente der Realität leicht anzugleichen.
Funktioniert dieser Versuchsaufbau, wird er nochmals auf einer zweiten Lochrasterplatine aufgebaut, wobei wir ein Prinzip verwenden, welches wir scherzhaft Borg-Technologie nennen.
Der Vorteil dieses Aufbaus ist eine bessere Übersichtlichkeit und eine erhöhte Stabilität. Fehler, wie beispielsweise abgerissene Drähte, können dadurch im Vorfeld eliminiert werden. Allerdings kann es auch geschehen, dass sich das eigentliche Konzept einer Schaltung als unzureichend herausstellt.
Die erste Version unseres VC Oscillator A basierte beispielsweise auf dem Prinzip des Rampen-Integrators und erreichte nicht die gewünschte Präzision der Linearität und der Wellenformen. Hinzugefügte Fehlerkorrekturen auf weiteren Versuchsaufbauten zeigten allerdings auch nur eine mäßige Verbesserung, weshalb nach einigen Monaten Entwicklungszeit das Prinzip des Rampen-Integrators verworfen wurde.
Diese Entwicklungszeit kann jedoch nicht als vergeudet angesehen werden:
Selbst negative Ergebnisse sind wertvoll, da man durch sie lernt,
wie man in der Zukunft konzeptionelle Fehler vermeidet.
Wir erkennen dadurch, wie man etwas nicht machen sollte.
Dieses Wissen verkürzt demnach zukünftige Entwicklungszeiten und verringert auch deren Kosten.
Standardmäßig werden von uns nur 1%ige Metallfilmwiderstände verwendet, die Kondensatoren in den Signalwegen der VCF’s ausgemessen und an kritischen Stellen Trimmer eingefügt. Um eine höchstmögliche Genauigkeit zu erreichen verwenden wir Widerstände mit 0,1% Toleranz, welche von uns in einem Ofen künstlich gealtert, eingebacken und dann nochmals auf Toleranzen unter 0,1% ausgemessen werden. Nur durch dieses Verfahren wird gewährleistet, dass beispielsweise alle Oktaven angewählt werden können, ohne dass unerwünschte Schwebungen zu hören sind.
Trotzdem wir die TL0xx-Reihe als Standard- OPV’s verwenden, kann es durchaus vorkommen, dass deren Slew-Rate nicht ausreichend ist, weshalb wir auch zu Hochgeschwindigkeits-OPV’s bzw. Komparatoren greifen müssen, deren Einsatz in elektronischen Musikinstrumenten unüblich ist.
Digitale, prozessorgesteuerte Module
Falls das Konzept eines digitalen Moduls eine hohe Rechenleistung benötigt und dessen Funktionen auf unbestimmte Zeit erweitert werden sollen, wie beispielsweise bei unserem Four Voice Polyphonic MIDI Converter, verwenden wir den ZiLOG ZNEO. In anderen Modulen, wie dem MIDI Controller & Realtime Converter oder dem Quantizer, wird die PIC-Serie von Microchip eingesetzt.
Die Programmierung der Software erfolgt nicht in einer Hochsprache, sondern sie wird direkt in Assembler erstellt und auf Laufzeit und Stabilität optimiert. Es gibt erfahrungsgemäß keinen Compiler, welcher die Erfahrungen eines Assembler-Programmierers auch nur ansatzweise ersetzen könnte.
Produktion
Nachdem nun die Schaltung auf der Lochrasterplatine zufriedenstellend funktioniert, wird sie mit einer, in der Industrie üblichen Schaltplan-Software sauber gezeichnet und danach in ein PCB-Layout übertragen, um ein erstes Funktionsmuster anzufertigen. Ziel dieses ersten Funktionsmusters ist es, kritische Bereiche, wie beispielsweise Masseflächen oder Blockkondensatoren zu erkennen und mögliche Layout-Fehler zu beheben. Zudem wird eine Platine so konzeptioniert, dass keinerlei interne Verkabelung der Elektronik benötigt wird. Die einzigen Kabel stellen die Verbindung zum Netzteil her.
Parallel wird die endgültige Version der Frontplatte entworfen, da für die Bedienelemente zumeist eine oder mehrere eigene Trägerplatinen benötigt werden, welche mit Platinenabstandshaltern mit der eigentlichen Elektronikplatine verbunden werden.
Selbst zu diesem Zeitpunkt kann es aber noch vorkommen, dass wir dieses Muster verwerfen, weil ergänzende Funktionen in das Modul integrieren werden sollen. Erfahrungsgemäß kommen diese Geistesblitze aber erst dann, wenn die Fertigung des Musters bereits begonnen hat und nicht mehr gestoppt werden kann – Murphys Gesetz.
Funktioniert allerdings das Muster, sind sämtliche Funktionen integriert und bedarf es keinerlei Korrekturen mehr, wird der erste Prototyp in Auftrag gegeben, welcher dann exakt der späteren Serie entspricht.
Bedienelemente
Größten Wert legen wir auf die mechanische Qualität der Potentiometer, Schalter und Klinken-Buchsen.
In den ersten Versuchsaufbauten verwendeten wir beispielsweise Potentiometer, bei denen es vorkommen konnte, dass sie unterschiedliche Drehmomente und teilweise ein recht raues, fast „sandiges“ Drehgefühl hatten. Zudem konnte es sein, dass einzelne Exemplare in der Minimal- bzw. Maximalstellung einen Wertesprung aufwiesen.
Deshalb wurden sehr schnell die qualitativ hochwertigen ALPS-Potentiometer eingesetzt, welche stets ein konstantes Drehmoment und ein sehr angenehmes, „öliges“ Drehgefühl zeigen.
Klinken-Buchsen werden prinzipiell nicht verkabelt, sondern direkt auf die Elektronikplatine gelötet, um abgerissene Drähte zu vermeiden und elektromagnetische Störungen zu minimieren.
Sämtliche Dreh- und Kippschalter verfügen über eigene Trägerplatinen.
Das gesamte Modul besteht letztendlich aus einem massiven, kabellosen Block und benötigt nur die Verbindung zum Netzteil.
Da wir das Design und die Ergonomie der Moog–Modular-Systeme als sehr ästhetisch empfinden, entschlossen wir uns ferner, deren Drehknöpfe zu verwenden. Was zu einem rein optischen Moog-Style führte. Hinzu kommt der haptische Aspekt: Diese Knöpfe fühlen sich einfach besser, da die Finger nicht nur schrauben, sondern auch mithören.
Außerdem ist ein System im Großformat, welches in erster Linie für professionelle Einsätze konzipiert wurde, nicht nur besser, imposanter und seriöser aus, es lässt sich einfach auch besser bedienen.
Frontplatten
Bevor das endgültige PCB-Layout des Prototyps erzeugt wird, erstellen wir die Frontplattendaten und drucken sie per Laserdrucker auf eine transparente Folie, wobei diese Folie mit Tonerverdichter behandelt wird, um ein möglichst intensives Schwarz zu erreichen. Diese Folie wird mit einer zugeschnittenen, 1,5 mm starken Aluminiumplatte per Sprühkleber verbunden, gekörnt und manuell gebohrt.
Weist das Frontplattenlayout des Prototyps keine Fehler auf, wird eine AutoCAD-Datei erstellt und je nach Bedarf eine professionelle Kleinserie in Auftrag gegeben.
Die Frontplatten dieser Kleinserie bestehen aus einer 1,5 mm starken AlMg3-Legierung, werden CNC gefräst, gebogen und erreichen Toleranzwerte von unter 0,01mm.
Für den Aufdruck wird das Untereloxal-Druckverfahren eingesetzt, welches die Druckfarbe in das offenporige Material einlagert, um so eine dauerhaft abriebfeste und kratzbeständige Oberfläche zu gewährleisten
Elektronik und Frontplatte werden im letzten Schritt der Fertigung zusammengefügt, letztendlich nochmals geprüft und dann in ein System integriert.
Steffen & Holger Marienberg
Andreas Michel ( Synthesizer-Magazin )